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Reprinted by Huber Nr. 37

Poetische Signale aus der Hölle der Verzweiflung

Im Oktober 2019 erscheinen die Gedichte und die Prosa des Welschschweizers Francis Giauque erstmals auf Deutsch




Die einen meinen, es habe ihn ein tödliches Rätsel im Griff gehalten, andere sprechen von einem fatalen Fluch: Unbestreitbar ist, dass über dem Leben und Denken von Francis Giauque, der 1965 mit 31 Jahren im Neuenburgersee «durch die königliche Pforte des Todes» ging, eine Angst, eine Verzweiflung und eine Verlassenheit lagen, die ihn den immer wieder gesuchten Tod als Erlösung empfinden liessen. Dass es ihm in der Verlorenheit seiner selbstgewählten Verliese und unter dem Eindruck von psychiatrischen Zwangs-vorkehren gelang, seine Qual in 156 Gedichte von erschütternder Wucht einfliessen zu lassen, erscheint besonders dann wie ein Wunder, wenn man seine Prosa, etwa die «Fragmente eines Höllentagebuchs», liest, die das in den Versen metrisch gezügelte Leiden schonungslos vorzeigen. Dass es nicht, wie immer behauptet, die Krankheit allein gewesen sein könnte, die Giauque zum «poète maudit» machte, sondern auch das Zerbrechen an einer bisher unbeachtet gebliebenen unglücklichen Liebe, stellt Charles Linsmayer erstmals zur Diskussion.

Herr

Herr ich habe dich nur um die Ruhe gebeten
um die Kraft frei zu lieben
aber du hast mich ans Eisengestell
eines Bettes gefesselt
noch bevor ich die Zeit hatte einen Schrei auszustoßen
jeden Tag hast du mich neu gefoltert
mit unerbittlicher Strenge
Dank sei dir
unwürdiger Raubvogel
der du mich gnädigst mit Elektroschocks martertest
gepriesen seist du der du mich
aus dem Dunkel des Insulinkomas auferwecktest
um mich in einem anonymen Zimmer heulen zu lassen
heut hoffe ich mit aller Kraft dass es dich gibt
damit ich dir eines Tages in die Visage spucken kann
ganz ungeniert




Francis Giauque 1934 - 1965

Geboren am 31.März 1934 in Prêles im französischsprachigen Berner Jura. Schulen in Prêles und La Neuveville, Handelsschule in Neuchâtel. Arbeit als Buchhändler, Korrektor und Lektor in Lausanne, Genf und Neuchâtel. 1958 drei Monate Französischlehrer in Barcelona. Litt seit 1953 an einer unheilbaren Hautkrankheit. 1956-1959: Freundschaft mit der Künstlerin Emilienne Farny (1938-2014). Ab 1959 mehrfach in psychiatrischen Kliniken, mehrere Selbstmordversuche, bei denen er von seiner Mutter gerettet wurde. Schrieb früh Gedichte, vernichtete vieles. Einzige Veröffentlichung zu Lebzeiten: «Parler seul», poésie, Genève 1959. Völlige Verzweiflung nach dem Tod der Mutter 1964. Februar 1965 «Fragmente eines Höllentagebuchs». 13.Mai 1965: Giauque wird tot wird aus dem Neuenburgersee geborgen.

«Die Glut der Schwermut im Schattenraum der Nacht» präsentiert Giauques Werk in der Übersetzung von Christoph Ferber (Gedichte) und Barbara Traber (Prosa) mit einem biographischen Nachwort von Charles Linsmayer erstmals auf Deutsch und entspricht den 2005 in der Edition de l'Aire, Vevey, erschienenen «Oeuvres».




Reprinted by Huber Nr. 37: Francis Giauque: «Die Glut der Schwermut im Schattenraum der Nacht».
Gedichte und Prosa. Aus dem Französischen übersetzt von Christoph Ferber und Barbara Traber.
Mit einem biographischen Nachwort ediert von Charles Linsmayer.
ca.256 S., gebunden, mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-85717-280-9
Verlag Th.Gut, Zürich 2019
Fr. 28.-/€ 26.-

Pressestimmen:

NZZ am Sonntag vom 20.10.2019

St. Galler Tagblatt vom 16.11.2019

Bieler Tagblatt vom 31.01.2020

Der Bund vom 08.02.2020

Luzerner Zeitung vom 08.02.2020

Tages Anzeiger vom 14.02.2020

Basler Zeitung vom 14.02.2020

Adolf Muschg über Francis Giauque bei den Hottinger Gesprächen

Programmzeitung Basel