Carl Zuckmayer 1896–1971

«Wir kommen nicht auf gegen das ursprüngliche Konzept: Carl Zuckmayer

Wie eine fröhliche Bauernkomödie hat er von 1958 bis 1971 in Saas-Fee seinen Lebensabend inszeniert, der Mann mit den Knickerbockerhosen und dem breitkrempigen Hut, der 1966, bei der Einbürgerung, jedem Einwohner eine Flasche «Bürgerwein» spendierte. Was er über Saas-Fee schrieb – «Nur hier lebe ich ganz!» –, hätte der 22. Dezember 1896 in Nackenheim am Rhein geborene Carl Zuckmayer einzig noch von Henndorf bei Salzburg sagen können, dem bäuerlichen Paradies, aus dem ihn die Nazis 1938 nach Zürich und die Schweizer 1939 nach Amerika vertrieben. Es brachte ihm ja auch nicht das Tragisch-Expressive, mit dem er sich in einem Stück wie «Pankraz erwacht» 1925 Alfred Kerrs Verdikt «Stück und Autor können wir getrost vergessen» holte, sondern das Volkstümlich-Gemüthafte die grössten Erfolge: die pfiffige Militärsatire «Der Hauptmann von Köpenick» und der heitere «Fröhliche Weinberg». Was ihm, davon abgesehen, immer wieder gelang und was seinen Stücken das Überleben über alle Moden hinweg garantiert, ist die Erschaffung von grossartigen, eigenwilligen Bühnenfiguren. Der liebenswürdig-naive Rheinschiffer Most im «Fröhlichen Weinberg» (1925), der rebellische Johannes Bückler im «Schinderhannes» (1927), die lebenslustige Katharina Knie im Seiltänzerstück von 1928, der Unglücksrabe Voigt im «Hauptmann von Köpenick» (1931). Auch die Stücke, die nach 1945 die NS-Zeit bewältigen sollten, kreierten unvergessliche Gestalten: in «Des Teufels General» 1946 diesen moralisch-amoralischen Fliegerhelden Harras, in «Der Gesang im Feuerofen» 1950 den seltsam-undurchsichtigen Aussenseiter Creveaux, in «Das kalte Licht» 1955 den schuldig-unschuldigen Emigranten Wolters. Aber nicht nur erfundene Figuren wusste Zuckmayer unnachahmlich zu gestalten. Auch Freunden wie Brecht, Horvath oder Kortner schuf er 1966, in der erzählerisch meisterhaften, historisch unbestechlichen Autobiographie «Als wär's ein Stück von mir», ein bewegendes Denkmal. Ob Dramen oder Erzählungen wie «Der Seelenbräu» (1945) oder «Die Fastnachtsbeichte» (1959): nichts, was Zuckmayer schrieb, treibt Schindluder mit der Sprache. Und alles ist durchdrungen vom Glauben an die ungebrochene Ordnung des Daseins, an das «ursprüngliche Konzept». Was er, sicher nicht zufällig, den Mitläufer Harras, des Teufels General, am allerdeutlichsten aussprechen lässt: «Die Welt ist wunderbar. Wir Menschen tun sehr viel, um sie zu versauen, und wir haben einen gewissen Erfolg damit. Aber wir kommen nicht auf gegen das ursprüngliche Konzept.»