«Études de mœurs, poussées au maximum»  waren die Spe-zialität von Roger Peyrefitte, geboren am 17.August 1907  im südfranzösischen Castres, gestorben am 5.November 2000 in Paris. Das Jesuitenkolleg und die erste Stelle, die er nach der Ecole libre des sciences politiques für das Quai d’Orsay antrat, waren prägend. Im Internat entdeckte er die Homosexualität, in Athen die Päderastie im Sinne der Antike. «Les Amitiés  particulières» hiess 1944 , kurz bevor er als Kollaborateur aus dem diplomatischen Dienst entlassen wurde, der erste Erfolg und der erste Skandal. Knabenliebe im katholischen Internat: das schied Gegner und Anhänger in jene zwei Fronten, die sein ganzes Leben lang bestehen bleiben sollten. In «Les Ambassades» rechnete er 1951/53 mit dem diplomatischen Dienst ab, in «Les Clés de Saint-Pierre» liess er 1955 einen Kleriker die korrupten Machenschaften und heimlichen Laster der Kurie aufdecken - und sich gleichwohl für die Kirche entscheiden. In «L’Exilé de Capri» schilderte er 1959 die Eskapaden des reichen Möchtegernautors Jacques Comte d’Adelswald-Fersen, der die Päderastie zu wilden Orgien steigerte und in Capri sogar noch seinen Tod zelebrierte. Auch die Juden waren ihm 1965 für eine Enthüllungsstory gut genug – Ursache für den Antisemitismus sei die unglaubliche Potenz der jüdischen Männer– , und zuletzt gab es kaum noch jemand, den Peyrefitte nicht als Juden, Päderasten, Homosexuellen oder wenigstens als Freimauerer denunziert hätte. Selbst die Amerikaner kamen 1968 noch dran, aber ihnen kreidete er nicht Vietnam, sondern das Wirken Martin Luther Kings an, der bis zu seinem Tod «der Unsegen Amerikas» gewesen sei.
Und bei Peyrefitte selbst, was wäre da zu enthüllen gewesen?  Die skandalöse Liebesgeschichte z.B., die ihn seit 1964, seit Delannoys Verfilmung der «Amitiés particulaires», mit dem 13jährigen Alain-Philippe Malagnac verband, den er derart lange aushielt, dass er noch 20 Jahre später seinetwegen seine ganzen Kunstschätze versetzte.