«Wo das Dunkel herrscht...»: Toivo Pekkanen (10. September 1902 - 30. Mai 1957)

«Ich hatte gesehen, dass Hass nur wieder Hass hervorbrachte und niemals Gerechtigkeit. Ich hatte Sieger und Besiegte gesehen, und ich hatte auch gesehen, dass die einen nicht ohne die andern auskamen.» Das ist die Erkenntnis eines Menschen, der unter erbärmlichsten sozialen Verhältnissen in der finnischen Hafenstadt Kotka aufgewachsen ist, Kind eines früh erschöpften Vaters und einer tapferen Hafenarbeiterin, die nach dem Rausschmiss aus der Wohnung mit ihrer Familie in ein Zelt aus alten Säcken hatte ziehen müssen. Und aus all der Misere heraus, die auch er selbst als ungelernter Metallarbeiter nicht zu überwinden vermag, erlebt er die letzten Jahre des russischen Finnland, den Ersten Weltkrieg, die russische Revolution und den finnischen Bürgerkrieg. Und geht trotz allem nicht unter, sondern beginnt aus sich heraus zu schreiben und festzuhalten, was mit ihm geschieht. «Und ausserdem dachte er, er könnte, wenn er die Wahrheit fände, warum Elend und Sorgen, von den Menschen hervorgerufen, weiterlebten, vielleicht das Licht der Wahrheit auch den anderen bringen, dorthin, wo das Dunkel herrscht.» 1953 ist er erschienen, der Roman «Lapsuuteni» /«Meine Kindheit» des Finnen Toivo Pekkanen (1902-1957), und auch viele Jahre später steht man noch immer fasziniert vor dieser Geschichte eines schriftstellerischen Erwachens aus der tiefsten menschlichen Demütigung heraus. Denn Pekkanen erzählt vollkommen nüchtern und unsentimental und setzt die Not nie in Wehklage, sondern immer nur in eindrückliche, ja erschütternde Bilder um. Wie sich der Junge mit einem Buch über den knurrenden Magen hinwegtröstet, wie der Vater nach einem Schlaganfall mit letzter Kraft versucht, doch noch als Steinmetz ein paar Rubel zu verdienen, wie die Flicken alten Stoffs, die die Mutter in die Kleider näht, immer gleich wieder reissen - und wie er dennoch zuversichtlich bleibt und auch beglückende Momente wie die harmlose Charade an Weihnachten ganz und intensiv zu erleben vermag.