«Es ist alles ein Job!»: Toni Morrison (18. Februar 1931 - 5. August 2019)

In elf Romanen hat die am 18.Februar 1931 in Lorain, Ohio, geborene und am 5.August 2019 verstorbene Toni Morrison das Ghetto der amerikanischen «Black Literature» gesprengt. Pecola in «Sehr blaue Augen» (1970) ist noch ganz Opfer des Rassismus: von ihrem Vater geschwängert, treibt sie der Glaube, blaue Augen könnten ihr Glück bringen, in den Wahnsinn. Sula im gleichnamigen Roman von 1977 ist bereits Rebellin, wird aber von den dogmatisch fixierten Schwarzen selbst zur Hexe gestempelt. In «A Song of Salomon» (1977) steht mit Milkman erstmals ein Mann im Zentrum: ein schwarzer Peer Gynt, der zuletzt zum Sprung über den Abgrund ansetzt, um in die afrikanische Heimat zu fliegen. Jadine in «Teerbaby» (1981) ist ein schwarzes «Elle»-Covergirl, das die Begegnung mit einer Afrikanerin hellhörig für seine Herkunft macht. Nach Identität sucht auch Sethe in «Menschenkind» (1987): die Sklavin tötet, um es vor Ketten zu bewahren, ihr Kind, kommt aber nie wieder von ihm los. Auch Violet im Harlem-Epos «Jazz» (1992) kann das Vergangene nicht vergessen: noch als die Geliebte ihres Mannes tot ist, geht sie mit dem Messer auf sie los. Heilkräfte gegen Entwurzelung ersinnt Consolata in einem alten Kloster: bis die Männer von Ruby, die ein schwarzes «Paradies» - so der Titel des Romans von 1998 - erbauen, die Querulantinnen töten. Mehr Glück hat «L», die Erzählerin in «Love» (2003). Sie ist eine der fünf schwarzen Frauen, die auch 20 Jahre nach seinem Tod nicht von Bill Cosey loskommen, der die vielen Spielarten des einen Faszinosums Liebe verkörperte. «God Help the Child», Morrisons letzter Roman von 2014, erzählt vom Leben der Schwarzen Lula Ann in einem von Rassenkonflikten geprägten Amerika. Vom feministischen zum vielschichtig umfassenden Frauenbild, von der Black Power zum humanen Freiheitsbegriff: so hat die Nobelpreisträgerin von 1993 sich in ihrem auch formal neuartigen Œuvre auf das Aufgeklärt-Offene zu bewegt, für das sie zuletzt stand. Auch als Dozentin, Essayistin und (mit Sohn Slade als Koautor) Kinderbuchautorin : «Ich lese Bücher. Ich lehre Bücher. Ich schreibe Bücher. Ich denke über Bücher nach. Es ist alles ein Job.»