Eduard Korrodi

*Zürich 20.11.1885, †ebd. 4.9. 1955, Redaktor und Literaturkritiker. Nach dem Schulbesuch in Zürich und am Kollegium in Schwyz studierte K. in Zürich und Berlin Germanistik und promovierte 1912 bei A. Frey mit einer Arbeit über C.F. Meyer. 1914 wurde er als Nachfolger von F. Marti Feuilletonchef der NZZ und behielt dieses Amt bis 1950 bei. Zwar redete er mit seinen »Schweiz. Literaturbriefen« (1918) einer Öffnung der Schweizer Literatur nach aussen und einem Abschied vom behäbigen »Seldwylergeist« das Wort, ging in seiner prakt.-krit. Arbeit dann aber doch je länger, je harscher mit all denen ins Gericht, die formal innovator. Tendenzen wie den Expressionismus oder polit. alternative Meinungen wie die sozialist.-marxist. vertraten. Die führte zu Konflikten mit Schweizer Intellektuellen wie W. Muschg, A. Zollinger oder J. Bührer, beeinflusste aber auch seine eigene Haltung den emigrierten dt. Autoren der Jahre 1933-45 gegenüber, wie sie in seinem berüchtigten Artikel »Literatur im Emigrantenspiegel« vom 26.1.1935 zum Ausdruck kam. Konflikte wie diese überschatteten auch seine unbestreitbaren Verdienste um die Förderung zahlr. Schweizer Autoren, denen er, wie der von ihm quasi entdeckte M. Frisch es respektvoll-iron. nannte, das »literar. Bundesgericht« war. … Lit.: Vogel, T.: E.K., in: Achtzig reiche magere Jahre, Zürich 1979; Jaeckle, E.: E.K., in: Niemandsland der dreissiger Jahre, Zürich 1979; Münch-Küng, Helen: Der Literaturkritiker E.K., Diss., Bern 1989; hg. von ders.: E.K.: Ausgewählte Feuilletons; Schweizer Texte. Neue Folge. Bd. 4, Bern 1995. (Schweizer Lexikon)



Korrodi, Eduard

* 20. 11. 1885 Zürich, † 4. 9. 1955 Zürich. - Literaturkritiker u. Essayist.

Der Sohn eines Lehrers u. einer Innerschweizer Bauerntochter verbrachte seine Jugend in Zürich u. im Internat des Kollegiums »Maria Hilf« in Schwyz, wo er 1905 die Reifeprüfung ablegte. Schon als Germanistikstudent in Zürich u. Berlin arbeitete er für kath. Zeitschriften als literar. Rezensent, Nach der Promotion bei Adolf Frey in Zürich (Stilstudien zu C.F. Meyers Novellen. Lpz. 1912) war K. in St. Gallen u. Zürich als Lehrer tätig. Obwohl seine Habilitationspläne am Widerstand Emil Ermatingers gescheitert waren, wurde er 1914 in Konkurrenz zu Robert Faesi u. Konrad Falke zum Nachfolger Fritz Martis als Feuilletonredakteur der »Neuen Zürcher Zeitung« gewählt u. blieb bis 1950 in dieser Stellung. Während des Ersten Weltkriegs unterstützte K., der im Grunde zeitlebens Freys helvetozentr., an Keller u. Meyer orientiertem Ästhetizismus verpflichtet blieb, zwar auch die nach Zürich emigrierten dt. Autoren, engagierte sich aber als Kritiker u. Herausgeber (Schweizerische Bibliothek des Rascher Verlags, Zürich. 15 Bde., für Soldaten gedacht) v. a. für seine Schweizer Landsleute. Mit seinen Schweizerischen Literaturbriefen (Frauenfeld 1918) redete er dann unversehens einer Öffnung der schweizerischen Literatur das Wort u. forderte dazu auf, der »Weltänderung« gerecht zu werden u. den durch Keller-Nachfolge u. Heimatkunst geprägten »Seldwylergeist« aufzugeben, um Anschluß an die dt. Entwicklung zu finden. Wie sich bald herausstellte, orientierte er sich dabei jedoch einseitig an jenen Autoren, die klassisch-romant. Tendenzen weiterführten, während er in der Verurteilung expressionistischer bzw. gesellschaftskrit. Ansätze durchaus mit Ermatinger einigging. Das führte zu Auseinandersetzungen mit Jakob Bührer, Zollinger u. Walter Muschg, die dem wechselweise in vielen Gremien einflußreichen »Literaturpapst« jedoch nichts anhaben konnten. Fatalerweise stand der innerlich zutiefst unsichere K. ausgerechnet auch zu jenen dt. Dichtern, die seinen ästhetischen Vorstellungen am besten entsprachen, in einem zwiespältigen Verhältnis. Hermann Hesse verärgerte er 1920 durch die vorlaute Bekanntgabe des ihm von der Zeitungsmitarbeit bekannten Demian-Pseudonyms Sinclair u. 1936 durch den Einsatz gegen die Übersiedlung des S. Fischer Verlags nach Zürich. Thomas Mann wiederum brachte er am 26. 1. 1936 durch seinen gegen das literar. Exil gerichteten Artikel Literatur im Emigrantenspiegel dazu, sich endgültig der Emigration zuzurechnen (siehe Manns Offenen Brief an Eduard Korrodi in der »Neuen Zürcher Zeitung« vom 3. 2. 1936). K., der einen wendigen, zumeist leicht iron. Stil schrieb, spielte für die Deutsch-schweizer Literatur 35 Jahre lang auf vielfach problemat. Weise das »literarische Bundesgericht« (Frisch), geriet jedoch nach seinem Tod rasch in Vergessenheit.

WEITERE WERKE: (zus. mit Robert Faesi). Das poet. Zürich. Miniaturen aus dem 18. Jh. Zürich 1913. - Schweizerdichtung der Gegenwart. Zürich 1919. - Geisteserbe der Schweiz. Erlenbach/Zürich 1929. 21943 (Anth.). - Erlebte Lit. Olten 1952 (Ess.s). - Aufsätze zur Schweizer Lit. Hg. Heinz Weder. Bern 1962.

LITERATUR: Freundesgabe an E. K. Zürich 1945. - Traugott Vogel: E. K. In: Leben u. Schreiben. 80 reiche magere Jahre. Zürich 1975. – Erwin Jaeckle: E. K. In: Niemandsland der 30er Jahre. Meine Erinnerungen 1933-42, Zürich 1979. - Holen Münch-Küng: Der Literaturkritiker E. K. Diss. Bern 1989.
(Bertelsmann Literaturlexikon)