Alfred Huggenberger

Huggenberger, Alfred, *Bewangen (bei Hagenbuch/ZH) 26.12.1867, †St.Katharinental (TG) 14.2.1960, Landwirt und Schriftsteller. Der Bauernsohn arbeitete ohne höhere Schulbildung auf dem väterl. Hof in Bewangen mit, den er seit 1896 in eigener Regie bewirtschaftete. 1908 vertauschte er ihn mit einem kleineren im benachbarten Gerlikon (TG), um mehr Zeit zum Schreiben zu haben. Selbst auf dem Zenit seines Ruhms als Schriftsteller arbeitete er noch tägl. auf seinem Hof, so dass sich die Fama vom »dichtenden Bauern« untrennbar mit seiner Person verknüpfte. Auch Stoff und Thematik seines Dichtens wuchsen ganz aus seinem bäuerl. Alltag heraus und vermittelten seinen Texten bei aller Konventionalität und Eingeschränktheit eine seltene Authentizität und Glaubwürdigkeit. H. war zunächst mit vielgespielten Schwänken und Versbüchern als Dialektdichter erfolgreich, ehe er 1907 mit dem hochdt. Gedichtband »Hinterm Pflug« im ganzen dt. Sprachbereich zum Begriff wurde. Am erfolgreichsten waren aber dann seine Romane »Die Bauern von Steig« (1912), »Die Geschichte des Heinrich Lentz« (1916), »Die Frauen von Siebenacker« (1925) und »Die Schicksalswiese« (1937), die in Deutschland in Riesenauflagen verbreitet wurden und ihn neben E. Zahn, J.C. Heer und H. Federer zum meistgelesenen Schweizer Heimatschriftsteller machten. 1933-45 liess sich H., polit. eher ein naives Gemüt, von den NS-Kulturpolitikern prakt. widerstandslos als Repräsentationsfigur für die (dann doch grundsätzl. andersgeartete) »Blut- und-Boden-Literatur« benützen (Ernennung zum Ehrensenator der Münchner Deutschen Akademie 1942 u.a.), was nach dem Krieg nicht unwesentl. zu seinem erstaunl. raschen Verschwinden aus dem öffentl. Bewusstsein beitrug. Die von H. Brauchli herausgegebene vierbändige »Gedenkausgabe zum 100. Geburtstag« (1967) blieb letztl. ebenso erfolglos wie andere Versuche, H. zu rehabilitieren. Sein Nachlass wird von der Kt.bibliothek Frauenfeld aufbewahrt. … Lit.: Wartenweiler, F.: A.H., Elgg 1967; Wahlen, H.: A.H., in: Dichter und Maler des Bauernstandes, Bern 1973.
(Schweizer Lexikon)



Huggenberger, Alfred

* 26. 12. 1867 Bewangen/Kt. Zürich, † 14. 2. 1960 St. Katharinental bei Diessenhofen/Kt. Thurgau. - Erzähler, Dramatiker, Lyriker.

Als Sohn eines Bauern war H. von Kind auf in der Landwirtschaft tätig u. mußte auf eine höhere Schulbildung verzichten, weil seine Arbeitskraft benötigt wurde. 1896 übernahm er den väterl. Hof u. arbeitete sich allmählich zum Großbauern empor, so daß er 1908 mit seiner Familie ein kleineres Gut in Gerlikon/Kt. Thurgau beziehen konnte, das er bis zu seinem Tod selbst bewirtschaftete.
Als Autor war H. unbedingter Autodidakt u. bezog seine Stoffe u. Themen aus dem Umfeld seines bäuerl. Alltags. Er hatte bereits unzählige volkstüml. Verse, Schwänke u. humoristische Szenen publiziert u. besaß innerhalb des schweizerischen Dialekttheaters einen guten Namen, als der Gedichtband Hinterm Pflug. Verse eines Bauern (Frauenfeld 1907) ihn unversehens im gesamten dt. Sprachbereich bekannt machte. Hermann Hesse, Ludwig Thoma u. Josef Hofmiller förderten ihn, u. bald erschienen seine Gedichte u. Erzählungen im »März«, in den »Süddeutschen Monatsheften« u. im »Simplicissimus«. Mit Die Bauern von Steig (Lpz. 1912) vermochte er den Erfolg auf die Gattung des bäuerl. Romans auszudehnen u. fand mit Werken wie Die Geschichte des Heinrich Lentz (Lpz. 1916), Die Frauen von Siebenacker (Lpz. 1925) u. Die Schicksalswiese (Lpz. 1937) v. a. auch in Deutschland eine große Lesergemeinde. H.s Romanfiguren sind bisweilen vonimponierender, packender Eigenwilligkeit, u. seine Schilderungen besitzen über weite Strecken unmittelbare Anschaulichkeit u. Glaubwürdigkeit. Mit seiner Verherrlichung der bäuerl. Welt erschien der Schweizer in der NS-Zeit unvermittelt als Vorbild für die parteiamtlich geförderte Blut- u. Boden-Literatur, u. es gehört zu den trag. Momenten seines Lebens, daß er der Versuchung nicht widerstand u. sich zum Instrument einer Politik machen ließ, die ihm im Grunde fremd war: 1937 nahm er den Johann-Peter-Hebel-Preis entgegen u. ließ sich von Goebbels dazu gratulieren, 1942 wurde er Ehrensenator der Deutschen Akademie in München.
H.s Nachlaß befindet sich in der Kantonsbibliothek Frauenfeld.

AUSGABEN: Gedenkausg. zum 100. Geburtstag. Hg. Hans Brauchli. 4 Bde., Weinfelden
1967.

LITERATUR: Fritz Wartenweiler: A. H. Elgg 1967. - Hermann Wahlen: A. H. In: Dichter u. Maler des Bauernstandes. Bern 1973. - Rosmary Küng: A. H. Nachlaßverz. u. Bibliogr. Frauenfeld 1977. - Christine Schaller: A. H. Aufarbeitung des Nachlasses. Frauenfeld 1987.
(Bertelsmann Literaturlexikon)