Schreiben statt Häkeln: Marlen Haushofer

«Mach dir keine Sorgen – alles wird vergebens gewesen sein – wie bei allen Menschen vor dir. Eine völlig normale Geschichte», notierte sich Marlen Haushofer, bevor sie am 21.März 1970 in Wien mit 50 an Knochenkrebs starb. Ihre völlig normale Geschichte spielte im Försterhaus im oberösterreichischen Frauenstein, wo sie am 11.April 1920 als Marie Frauendorfer geboren wurde; in Linz und Wien, wo sie bei katholischen Nonnen das Abitur machte und ein Germanistikstudium begann; in Ostpreussen, wo sie 1940 während eines NS-Arbeitseinsatzes geschwängert wurde; und in Steyr, wo sie seit 1943 als Gattin und Assistentin des Zahnarzts Manfred Haushofer lebte, dem sie noch einen eigenen Sohn schenkte und von dem sie sich 1950 scheiden liess, um ihn 1958 erneut zu heiraten. «Als Autorin tätig sein ist kein Hobby wie Häkeln», hielt sie ihm trotzig entgegen, schaffte es aber nicht, vom Schreiben zu leben.
Zu Lebzeiten am erfolgreichsten war sie mit Kinderbüchern wie «Brav sein ist schwer» und «Schlimm sein ist auch kein Vergnügen». Und erst nach 1984, als der Feminismus sie entdeckte, wurde erkennbar, dass in Texten auf erschütternde Weise nicht nur die Schrecklichkeit der von ihr durchlebten Zeit, sondern auch die frustrierenden Erfahrungen als Ehefrau spürbar sind. In «Wir töten Stella» (1958) treibt ein Rechtsanwalt ein Mädchen, das bei ihm zu Gast ist und das er geschwängert hat, zur Abtreibung und in den Tod. Im Roman «Die Wand» (1963), ihrem wichtigsten Werk, versucht eine Frau mit einem Hund, einer Kuh und einer Katze in einer Waldhütte zu überleben, nachdem sie durch eine plötzlich emporgewachsene Wand von der Menschheit abgeschnitten wurde. Ohne zu wissen, ob es je gelesen wird, notiert sie ihre Erfahrungen in ein Heft, mit dem sie verzweifelt gegen den Wahnsinn anschreibt. Als ein Mann in die Einsamkeit einbricht, tötet sie ihn, hat sie doch längst aufgehört, «das Leben und den Tod weiterzugeben». «Hier eine Katzengeschichte», meinte die Autorin lapidar, als sie die grausige weibliche Robinsonade Hans Weigel nach Wien schickte.