Der brave Soldat Schwejk: Jaroslav Hašek (1883-1923)

Man sollte ihn in allen Schulen lesen, den Roman, der auf Seite 688 mit dem verlogenen Satz des k.u.k. Leutnants Dubs endet: «Patriotismus, Pflichttreue, Selbstüberwindung, das sind die richtigen Waffen im Krieg. Ich erinnere mich gerade heute daran, wo unsere Armee in absehbarer Zeit die Grenzen überscheiten wird.» Vernichtender ist der Militarismus nie ad absurdum geführt worden als in diesem Buch, in dem der ärztlich für blöd erklärte Prager Hundehändler Josef Schwejk die k.u.k. Kriegsmaschinerie mit seinen Eskapaden und seiner Begriffsstutzigkeit ultimativ lächerlich macht. Der allerletzte Satz des Buches aber ist der zitierte nicht, der lautet: «Hier endet das Manuskript Hašeks (gestorben am 3.Januar 1923 im Alter von vierzig Jahren).» Der Lehrersohn war wegen politischer Umtriebe vom Gymnasium geflogen, hatte eine Drogistenlehre begonnen und Ökonomie studiert, ehe er 1911 als Persiflage auf die korrupten bürgerlichen Parteien die verkappt anarchische «Partei des massvollen Fortschritts in den Grenzen der Gesetze» gründete und in einer glanzvollen Satire deren Geschichte schrieb. Ihr eigentliches Thema aber fand seine satirische Begabung im 1.Weltkrieg, den er nicht nur als k.u.k. Soldat, sondern - nach seiner Desertion! - auch als Rotarmist erlebte und den er erstmals 1921, in «Als Kommandant der Stadt Bugulma», als aberwitzigen Leerlauf entlarvte. Erst mit den «Abenteuern des braven Soldaten Schwejk» aber gelang ihm jenes Werk, das ihn dank der gloriosen Figur des ebenso sympathischen wie tölpelhaften Titelhelden zum Lieblingsautor aller Pazifisten machte und die Literatur des 20. Jahrhunderts um einen Schelmenroman vom Zuschnitt eines «Don Quijote» bereicherte. Den Ausbruch des Ruhms durch die Buchausgabe von 1926 und die Berliner Dramatisierung Erwin Piscators erlebte Hašek allerdings nicht mehr: Er starb, ohne den Roman beendet zu haben, und man munkelte, er habe sich totgesoffen...