Giovanni Guareschi 1908–1968

«Jesus», rief Don Camillo ungestüm, als er vor Christus am Hochaltar kniete, «willst du den einfältigsten Trottel der Welt sehen?» – Er schlug sich zweimal kräftig auf die Brust und erklärte: «Da ist er!» – «Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden», antwortete Christus lächelnd. Don Camillo aber war wütend: «Jesus», flehte er, «tu mir den Gefallen und versetze mich in die Lage, mir selbst einen Fusstritt zu geben.» – «Törichte Bitten zur Ausübung von Gewalt kann ich nicht erhören. Quäle dich nicht, Don Camillo! Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! Liebe dich selbst wie deinen Nächsten!» – «Nein, Herr, einen Idioten wie diesen Don Camillo kann ich nicht lieben!» Kaum je sind so ketzerische Spässe über Gott, Jesus und die Kirche gemacht worden wie in den mit Fernandel und Gino Cervi verfilmten Erzählungen über den witzig-draufgängerischen, ebenso selbstbewussten wie selbstkritischen Pfarrer Don Camillo und den kommunistischen Bürgermeister Peppone, die den «piccolo mondo» eines Dorfes in der Po-Ebene mit ihren Querelen und Streichen in Atem halten. So harmlos das – zumindest in den populären Verfilmungen! – anmutet: Giovanni Guareschi, ihr Erfinder, gehörte als Satiriker und Publizist zu den wenigen Mutigen, die das italienische Erzübel Korruption furchtlos bekämpften. Gleich schon nach seiner Geburt am 1. Mai 1908 war Guareschi den auf der Piazza von Fontanella di Roccabianca versammelten Sozialisten vom Küchenfenster aus als künftige Hoffnung der Gerechtigkeit präsentiert worden. 1932 wurde er nach abgebrochenem Jus-Studium Redaktor von Rizzolis Satireblatt «Bertoldo», wo die ersten Don-CamilloGeschichten erschienen. Wegen Beleidigung Mussolinis – nicht in der Zeitung, nachts auf der Strasse! – kam er 1942 ins Gefängnis und dann zwangsweise in den Kriegsdienst, wo er 1943 für fast zwei Jahre in deutsche Gefangenschaft geriet. Freigekommen, gründete er 1945 die Wochenzeitung «Candido», die er bis 1957 leitete. 1951, als «Don Camillo und Peppone» in die Kinos kam – die Nummer eins der Erzählserie war 1948 als Buch erschienen –, bekam er acht Monate bedingt wegen einer Karikatur, die Staatspräsident Luigi Einaudi zwischen zwei Weinflaschen zeigte. 1954 druckte er das Faksimile eines Briefes von Ministerpräsident De Gasperi aus dem Jahre 1944 ab, worin dieser die Engländer aufgefordert hatte, «den letzten moralischen Widerstand» der römischen Bevölkerung mit Bomben zu brechen. Gua reschi kam dafür zwölf Monate ins Gefängnis, wo er «Die grosse Schlacht des Don Camillo» schrieb. Nach der Entlassung begann eine üble Hetzkampagne gegen ihn, und während die Verfilmungen seiner Romane zu Welterfolgen wurden, empfand er sich selbst immer deutlicher als Opfer der korrupten italienischen Politik. Als er am 22. Juli 1968 in Cervia starb, folgten nur wenige seinem Sarg. Für die Politiker war er ein Denunziant, den Intellektuellen war er zu banal, und die einfachen Leute, die von den DonCamillo-Filmen begeistert waren, wussten vielfach nicht einmal, dass die Geschichten von ihm stammten.