Bare Münze statt Nachruhm: Romain Gary (8. Mai 1914 - 2. Dezember 1980)

Am 3.Februar 1974 war er, eingeführt von seinem Freund François Bondy, am Zürcher Hechtplatz zu Gast: Romain Gary, Autor von 25 Bestsellern, darunter der Maquis-Roman «L'éducation européenne» (1945), das gegen Hemingway und die Grosswildjagd gerichtete, mit dem Prix Goncourt ausgezeichnete Afrika-Epos «Les racines du ciel» (1956) und die autobiographische «Promesse de l'aube» von 1959, wo Gary, am 8.Mai 1914 als Roman Kacev in Wilna geboren, seine Kindheit als Sohn einer jüdisch-russischen Schauspielerin in Nizza sowie seine Fliegerabenteuer im 2.Weltkrieg beschrieb. Er machte eher den Eindruck eines Hochseekapitäns als den eines Schriftstellers, der Mann mit dem wettergebräunten Gesicht und dem marineblauen Amzug, der da vor tout Zurich trat und offen bekannte, dass sein Ziel nicht der dichterische Nachruhm, sondern das Umsetzen schriftstellerischer Potenz in möglichst viel bare Münze sei. Was offensichtlich auch für die Bücher galt, die er danach noch publizierte: «Les clowns lyriques» z.B., eine Satire auf das Filmbusiness, das er als Ex-Gatte von Jean Seeberg intim kannte, oder der patriotische Historienschmöcker «Les Cerf-Volants». Erst kurz vor seinem Tod am 2.Dezember 1980 enthüllte Gary, dass er auch Emile Ajar gewesen war, der Autor des Superbestsellers «La vie devant soi», für den er 1975 (statutenwidrig!) einen zweiten Goncourt erhalten hatte. Dass die Geschichte des Araberjungen Momo, der im Pariser Elendsviertel Belleville unter der Obhut der alten jüdischen Prostituierten Madame Rosa aufwächst, die er noch als Tote in ihrem Kellerverliess wochenlang weiter bewacht, 2003 Eric-Emmanuel Schmitt als Modell für den (nicht minder erfolgreichen) «Monsieur Ibrahim» gedient haben soll, ist eher unwahrscheinlich. Zu unterschiedlich ist der Ton der beiden Bücher, und ein echter Plagiator hätte wohl zumindest den Fehler vermieden, der geklauten Hauptfigur wieder den gleichen Namen Momo zu geben...