Irritierender Galgenhumor: Albert Drach (17. Dezember 1902 - 27. März 1995)

1964, als «Das grosse Protokoll gegen Zwetschkenbaum» erschien, wurde Albert Drach, ein 62jähriger Anwalt aus Mödling bei Wien, über Nacht zum vieldiskutierten Autor und publizierte nach und nach ein Œuvre, das in den Entwürfen bis in die Zeit des 2.Weltkriegs zurückreichte, den der Jude Drach in französischen Lagern und als Dolmetscher der Résistance überlebt hatte. Ein «Protokoll» war dabei nicht nur das Buch von 1964, das den bigotten Schmul Zwetschkenbaum nach 1918 in den Trümmern des K.u.K.-Reichs das unausweichliche jüdische Schicksal durchleben lässt: «mit allen Fingern zu finden Unglück und mit jeder Zehe zu treten in Unglück, aber den Kopf aufgerichtet zu haben von Gott zu Wonne und Frohlocken.» Protokolle waren auch «Unsentimentale Reise» und «Z.Z. Das ist die Zwischenzeit» (1966/1968), Romane, die Drachs eigenes Fluchtdrama spiegelten. Peter Kuku überlebt die Shoa nur, weil er den Franzosen I.K.G (das Kürzel für «Israelitische Kultusgemeinde» im Pass) als «Im Katholischen Glauben» verkaufen kann, und überhaupt zeichnen sich die Romane dadurch aus, dass darin Mord und Totschlag, Flucht und Überleben, Bluff und Intrige mal trocken-beamtenhaft, mal belustigend-schräg in der Art von Grimmelshausen evoziert sind und man zuletzt nicht weiss, ob da nun mit Entsetzen Scherz getrieben wird oder ob die Beschreibung von Terror und innerer Not nicht gerade in dieser leichten, ironischen Form am ergreifendsten ist. Als Drach am 27.März 1995 starb, war der begnadete Fabulierer mit dem irritierenden Galgenhumor, wiewohl Büchnerpreisträger des Jahres 1988, längst selbst zur Legende geworden: ein Mensch, der schon als Kind angesichts eines Ertrunkenen beschlossen hatte, unsterblich, also Dichter, zu werden, und den mit 27 eine Intrige um den ihm (von Hans Henny Jahn) bereits zu-, dann aber wieder aberkannten Kleist-Preis veranlasste, nicht mit Werken wie dem «Marquis de Sade» von 1928, sondern, wenn auch erst Jahrzehnte später, mit der hinreissend aufbereiteten Ernte seines schweren jüdischen Lebens ins Rampenlicht zu treten.