«Der Stil der Zukunft wird der Roboterstil sein, Montagekunst. Der  bisherige Mensch ist zu Ende, Biologie Soziologie, Familie, Theologie, alles verfallen und ausgelaugt.» Gottfried Benn, der 1950 die «Phase II der Moderne» einläutete, war schon bei «Phase I» dabei gewesen: mit «Morgue» (1912) und «Gehirne» (1916), wo schrill und unbeschönigt der Alltag des Militärarztes aufscheint, der an der Berliner Charité, aber auch im Prostituiertenspital des besetzten Brüssel Dienst tat. «Jeder seiner Verse ein Leopardenbiss»,  befand Else Lasker-Schüler, von deren expressionistischen Vorlieben Benn sich nach 1920 bald entfernte. 1933 sah er im Nazitum gar «eine neue Vision von der Geburt des Menschen»,  erkannte den Irrtum aber schon Ende 1934: «Wie gross fing das an, wie dreckig sieht es heute aus!»  «Raus aus allem, und die Reichswehr ist die aristokratische Form der Emigrierung», meldete er  dem  Brieffreund Fr. W.Oelze und kehrte 1935 zur Armee zurück, die den «entarteten Expressionisten» dann  tatsächlich in Schutz nahm, als das «Schwarze Korps» die «Gesammelten Gedichte» mit den Worten «Gib es auf, Dichter Benn, die Zeiten für derartige Ferkeleien sind endgültig vorbei», begrüsste. – Benn hatte als «unerwünschter Schriftsteller» in Deutschland Publikationsverbot, als Peter Schifferli 1948 im Arche-Verlag, Zürich, die «Statischen Gedichte» herausbrachte und damit das Comeback des lange Verfemten auslöste, das 1951 in der Verleihung des Büchner-Preises gipfelte.
Benns Lyrik ist nicht nur revolutionär modern, sondern auch genau so berauschend exzessiv wie sein eigenes Liebesleben. Noch im Jahr vor seinem Tod am 7.Juli 1956 unterhielt der dreimal verheiratete Siebziger nach dem Prinzip «Gute Regie ist besser als Treue» Beziehungen zur 36 Jahre jüngeren Astrid Claes und zur  37 Jahre jüngeren Ursula Ziebarth. «Nie in meinem Leben habe ich eine Frau so zärtlich, so rücksichtsvoll geliebt wie Dich», stand auf dem Blatt, das er letzterer am 25.11.1955 vor einem Konstanzer Hotel übergab.