Am 5. Februar 1959 wurde in der Pariser Comédie des Champs-Élysées mit Paul Meurisse, Hubert Deschamps und Marie Leduc in den Hauptrollen das 23.Theaterstück von Jean Anouilh zur Première gebracht: «L’ Hurluberlu ou le Réaction-naire amoureux». Der «Faselhans» ist ein alter General, der sich mit einer jungen Frau in die Provinz abgesetzt hat, wo sie sich grässlich langweilt, während er der verlorenen Grösse Frankreichs nachtrauert und mit einer grotesken Verschwörer-gruppe Strategien für seine Rettung austüftelt. Um seine un-eheliche Tochter Sophie hat sich aber längst eine junge Gene-ration versammelt, deren Lebensgefühl in fast gar nichts mehr jenem des trotzig-unbelehrbaren Soldaten entspricht, und als die jungen Leute eine Parodie auf das absurde Theater auffüh-ren, spielt er darin gutwillig den Tölpel, der von allen Prügel bekommt. Denn er hat beherzigt, was der alte Pfarrer ihm ge-raten hat: «Seien Sie fröhlich, seien Sie komisch, und verges-sen Sie ein wenig die Zukunft Frankreichs.»
Es lässt sich heute kaum mehr nachvollziehen, welchen Rie-senerfolg der 1910 in Bordeaux geborene, ursprünglich zum Juristen ausgebildete Jean Anouilh zwischen 1929 und den sechziger Jahren des 20.Jahrhunderts hatte, und noch unver-ständlicher ist, dass von seinen unzähligen Stücken, die er selbst in rosarote, schwarze, lächelnde oder kostümierte einteil-te, kaum eines noch gespielt wird. Dabei wären nicht nur seine nüchtern-grossartigen Adaptionen griechischer Klassiker («Eu-rydice», «Médée» und vor allem «Antigone», die als Fanal des Widerstands gegen die deutschen Besatzer galt), sondern auch Stücke wie «Le bal des voleurs», «L’Alouette», «Ornifle» oder «Becket» thematisch nach wie vor aktuell. Denn es ging es dem 1987 in Lausanne verstorbenen Dramatiker stets darum, gegen Reichtum und Privilegien zu rebellieren und einer auf Lüge und Heuchelei basierenden Welt die Sehnsucht nach dem Absolu-ten, aber auch das Scheitern in der Liebe und die Intensivierung des Daseins im Gedenken an den Tod gegenüberzustellen.