Ein italienischer Schwabe: Italo Svevo (1861-1928)

Schon sein Pseudonym war eine Provokation, trat das «Svevo» doch all das mit Füssen, was das «Italo» an «Heim-nach-Rom»-Gefühl evozierte. Aber nicht nur deshalb wurde 1892 «Una vita», der Erstling des 31jährigen Triestiner Bankangestellten Ettore Schmitz, zum Flop: Die Geschichte des kraft- und saftlosen Alfonso Nitti, der nicht nur als Literat, sondern auch als Liebhaber versagt und sich tötet, als die Bankierstochter Annetta einen andern nimmt, traf ebensowenig den Geschmack einer auf Heldisches erpichten Zeit wie der zweite Roman, «Senilità», in dem der Versager Emilio die Liebe zur frivolen Angiolina nach deren Tod zugleich bereut und verklärt. Als «Senilità» 1898, wieder völlig unbeachtet, erschien, hatte Italo Svevo scheinbar längst sein Glück gefunden. Und der Millionärstochter Livia und der resoluten Schwiegermama opferte er nicht nur sein Judentum und das Rauchen, sondern auch «diese lächerliche und schädliche Sache, die man Literatur nennt». Er kam ins Kader der Lackfabrik Veneziani, rauchte heimlich weiter, und auch das Schreiben liess ihm keine Ruhe, sondern erreichte nach der Begegnung mit Joyce, bei dem er Englisch lernte, und Freud, den er ins Italienische übersetzte, 1923 die Höhe von «La Coscienza di Zeno», der Vita des Antihelden Cosini, von ihm selbst als Therapeutikum dem Analytiker erzählt. In Italien erneut totgeschwiegen, avancierte der Roman 1926 in Frankreich zur Sensation, wonach die Mailänder Zeitung «La Sera» sich zur Behauptung verstieg, Svevo haben den Triumph nur jener «Phalanx jüdischer Autoren» zu danken, die einander überall in Europa hochjubelten. Doch der Erfolg war nicht mehr aufzuhalten, und inzwischen gilt der «italienische Schwabe», der am 13.September 1928 in Motta di Livenza 67-jährig an den Folgen eines Autounfalls starb, längst als einer der Begründer des modernen Romans bzw. als derjenige Autor, der die Sinnlosigkeit der modernen Welt am hinreissendsten und hintergründigsten in unterhaltsame Geschichten zu verpacken wusste.