Prinzessin aus Hebräerland: Else Lasker-Schüler (1869-1945)

«Mein Herz - Niemandem!» hiess 1912 das Motto des Briefromans «Mein Herz». Und doch hat sie es in einemfort verströmt, die Dichterin Else Lasker-Schüler, laut Benn «die grösste Lyrikerin, die Deutschland je hatte». An Berthold Lasker, den sie 1902 in ihrem ersten Gedichtband, «Styx», lyrisch beweint, an den Poeten Peter Hille, dem sie 1907 die «Nächte von Bagdad» in den Tod nachschickt, an Herwarth Walden, dessen Treulosigkeit sie in «Mein Herz» bedauert, an Franz Marc, den «blauen Reiter» ihrer Sternenwelt, dem sie nach dem Kriegstod 1919 ihren « Malik» widmet. Mit den «Hebräischen Balladen» von 1913 aber wurde Israel zu ihrer grossen Liebe: ein wildes, orientalisches, verklärtes Hebräerland, zu dessen Prinzessin sie sich stilisierte und dem sie eine eigene schillernde Bilderwelt schenkte. Als der «Völkische Beobachter» die Kleistpreis-Trägerin von 1932 als Autorin «waschechter Beduinenlyrik» beschimpfte, wollte sie für immer in der Schweiz bleiben, wo sie sich geliebt glaubte, wo man 1936 ihren «Arthur Aronymus» uraufführen würde, wo sie aber letztlich nur von ein paar Kulturgurus in heftiger Gegnerschaft gegen die Fremdenpolizei als «morgenländisches Gastgeschenk» (Eduard Korrodi) bzw. als Alibi für die vielen Ausgeschafften ihres Metiers gerade noch geduldet wurde. Eher zufällig war sie bei Kriegsausbruch 1939 in Palästina, und so wurde ihr das viel besungene Hebräerland nun selbst zum Exil, in dem sie ihr Leben rettete, aber, wie ihr letzter Gedichtband «Mein blaues Klavier» 1943 auf erschütternde Weise zeigte, in Fremdheit und Einsamkeit ihre Sprache vermisste. Es sei nicht verraten, wie alt sie war, als sie am 22.Januar 1945 in Jerusalem starb. 1936, in Ascona, hatte sie auf die Frage geantwortet: «Sechzehn Jahre wurd ich alt!!/Seid Ihr jünger, seid Ihr älter?/Hand aufs Herz! Es ist noch kalt, /Doch war es hier schon viel, viel kälter./Man fragt nicht eine Bürgerin, /,Wie alt seid Ihr, Frau Doktorin?'/Geschweige eine Dichterin, Lyrikerin, Indianerin -/ Den Prinzen Jussuf, den blauen Jaguar, /O, und alles und / Mein Leben ist seitdem nun wund...»