«Von dem hochgelegenen französischen Viertel schob sich langsam wie ein Lavastrom eine Masse von Schmutz, Abfall, geronnenem Blut, Gedärmen, Tier- und Menschenkadavern. In diesem in allen Farben der Verwesung schillernden Gemenge stapften die letzten Träumer herum. Sie lallten nur noch, konn-ten sich nicht mehr verständigen, hatten das Sprachvermögen verloren. Fast alle waren nackt, die robusteren Männer stiessen die schwächeren Weiber in die Aasflut, wo sie, von den Aus-dünstungen betäubt, untergingen. Der Platz glich einer giganti-schen Kloake, in welcher man mit letzter Kraft einander würgte und biss und schliesslich verendete.» –  Beklemmender, ja ab-stossender als im Roman «Die andere Seite» ist die Apokalyp-se kaum je in Worte gefasst worden. Der Jugendfreund Patera lädt den Ich-Erzähler in ein von ihm geschaffenes, von lauter Träumern bewohntes Reich ein, in dem der Himmel nie zu se-hen ist, alles in einem gleichförmigen Grau schwimmt und jedes Haus einmal Schauplatz eines Verbrechens war. Als der Ameri-kaner Herkules Bell Patera den Krieg erklärt, bricht mit dem Er-scheinen grässlicher Tiere, dem Zerbröckeln der Häuser und dem Ausbruch schrecklicher Krankheiten das Ende des Rei-ches an, das von Unvernunft und Massenhysterie regiert war und letztlich den unlösbaren Widerspruch von Lebenswillen und Todessehnsucht verkörperte. Als einer von wenigen Überleben-den erwacht der Erzähler in einem Irrenhaus und kann selbst nicht sagen, ob er all das vielleicht nur geträumt hat.
Als er 1909 erstmals erschien, war der Roman mit 51 Zeichnun-gen des Autors illustriert, denn der am 10.April 1877 im böhmi-schen Leitmeritz geborene und am 20.August 1959 in Zwickledt bei Wernstein am Inn in Oberösterreich verstorbene Alfred Ku-bin war in erster Linie als Radierer in der Nachfolge von Goya erfolgreich und publizierte lebenslang nur dieses eine Buch. Da-rin aber gelang es ihm, die visionäre Wucht seiner Traumbilder so verstörend in Sprache umzusetzen, dass man die Illustratio-nen schon bald einmal ohne viel Begeisterung überblättert...