Otto Frei

*Steckborn (TG) 5.3.1924, Bursinel (VD) 15.7.1990, Journalist und Schriftsteller. Nach Studien in Basel, Paris und Zürich (1949 Dr. phil.) war F. 1951-66 Auslandkorrespondent der NZZ in Berlin und Rom, 1966-89 Welschlandredaktor dieser Zeitung. Als Erzähler debütierte er 1973 mit den Steckborner Kindheitserinnerungen »Jugend am Ufer«. In den Bänden »Beim Wirt zum Scharfen Eck« (1976), »Zu Vaters Zeit« (1978), »Bis sich Nacht in die Augen senkt« (1982) und »Rebell« (1987) erweiterte er das Bild und die Figurenwelt seines Heimatdorfes zu einem eigtl. Steckborner Zyklus. Neben der einprägsamen, meist leicht iron. Figurenzeichnung überzeugt seine Darstellung v.a. durch ihre träfe, lapidare Sprache, die keinerlei Sentimentalität aufkommen lässt. Ausserhalb des Steckborner Zyklus erschienen u.a. der Genfersee-Roman »Dorf am Rebhang« (1974), der Erzählband »Berliner Herbst« (1979) und die skept. Bestandesaufnahme zu einem weltberühmten Schweizer Kurort: »Abschied in Zermatt« (1980). U.a. erhielt F. 1980 den Internationalen Bodensee-Literaturpreis sowie, ebenfalls 1980, den Prix de l'Etat de Berne der Universität Lausanne für sein journalist. Wirken.

(Schweizer Lexikon CH 91)


Frei, Otto

* 15. 3. 1924 Steckborn. + 15.7.1990 Bursinel VD –Erzähler u. Romanschriftsteller.

Frei besuchte das Gymnasium in Frauenfeld u. studierte in Basel, Paris u. Zürich Germanistik u. Geschichte. 1949 promovierte er mit einer Arbeit über Thomas Bornhauser zum Dr. phil. Für die «Neue Zürcher Zeitung» war er 1951-1966 Auslandskorrespondent in Berlin u. Rom, 1966-1989 Welschlandredaktor in Bursinel VD.

Im Zentrum seines Erzählens, das sich mit autobiographischer Fragestellung ganz bewusst vom journalistischen Metier abhebt, steht das Bodenseestädtchen Steckborn, wo F. 14 Jahre seiner Kindheit u. Jugend verbrachte. Diese Welt im Kleinen, geprägt durch eine Reihe liebevoll u. scharf charakterisierter Käuze u. Originale, bildet bereits Thema u. Schauplatz der Erzählung «Jugend am Ufer» (Zürich 1973), mit der F. als 49jähriger literarisch debütierte. Bei allem Humor u. Sinn für das Gemüthafte vermeidet F. jedoch jedes blosse Idyllisieren. Zum einen steht der Schilderung der kleinstädt. Kindheit in der Bedrohung durch das faschistische Deutschland unentwegt ein düsterer Kontrapunkt gegenüber; zum andern bewahrt ihn sein Sprachstil, der durch kurze, lapidare, oftmals dialekt-gefärbte, sinnlich bildhafte Sätze u. durch einen raschen, flüssigen Erzählduktus gekennzeichnet ist, vor Sentimentalität u. Beschaulichkeit.

Dies gilt auch für die weiteren Teile des Steckborner Zyklus, die Romane «Beim Wirt zum ,Scharfen Eck‘» (Zürich 1976), «Zu Vaters Zeit» (Zürich 1978), «Bis sich Nacht in die Augen senkt» (Zürich 1982) u. «Rebell» (Frauenfeld 1987). Immer stärker treten dabei thematisch der Tod, das Sterbenmüssen, die Vergänglichkeit in den Vordergrund u. erreichen in «Bis sich Nacht in die Augen senkt» eine erschütternde existentielle Dimension. Eine stetige Steigerung u. Intensivierung erfährt auch die zentrale Problemstellung von F.s Schaffen: die Auseinandersetzung mit der überstarken Vaterfigur. Im zuletzt erschienenen, seiner Expressivität u. Radikalität nach überraschend modern anmutenden Roman «Rebell» erlebt dieser Kampf in weitem zeitgeschichtl., auch das Problem des Nationalsozialismus einbeziehenden Kontext seinen bisherigen Höhepunkt.

Ausserhalb des Steckborner Zyklus stehen der am Genfer See spielende Roman «Dorf am Rebhang» (Zürich 1974), die Erzählungen «Berliner Herbst» (Zürich 1979), worin das Berlin zur Zeit des Mauerbaus gespiegelt ist, «Abschied in Zermatt» (Zürich 1980) sowie der surreale Text «Du wirst noch tausend Jahre leben» (Frauenfeld 1983).

F. erhielt verschiedene Literaturpreise, darunter 1980 den Bodenseepreis der Stadt Überlingen.

Im Herbst 2013 erscheint in der Reihe «Reprinted by Huber» des Verlags Huber, Frauenfeld, als Nr. 30 unter dem Titel «Bis sich Nacht in die Augen senkt» Freis gesamte Steckborner Pentalogie in einer Neuausgabe mit einer illustrierten Biographie des Autors aus der Feder von Charles Linsmayer.

(Bertelsmann Literaturlexikon)