«Zuviel Frau ist unerträglich»: Otto Flake (1880-1963)

Otto Flakes «Logbuch», das der Erstarrung die Libertinage eines ideologisch nicht fixierten Lebens als Liebhaber schöner Frauen entgegenstellt, war in den Schützengräben des 1.Weltkriegs ein Bestseller. Flake selbst war - der in Metz geborene Hannoveraner war perfekt bilingue! - Zensor im besetzten Brüssel, ehe er in Zürich die Dada–Revue «Der Zeltweg» edierte und, um dem deutschen Kriegsdienst zu entgehen, eiskalt badete. Als aus der Herzattacke nichts wurde, ging er als Neurotiker zu Binswanger in dessen Klinik an den Bodensee, wo 1919 «Die Stadt des Hirns» entstand: ein experimenteller Roman, der in schroffem Gegensatz zum Erfolgsbuch «Freitagskind» von 1913 stand. Wieder in Berlin, kehrte er zur Linearität zurück und erweiterte «Freitagskind» bis 1928 zum 5bändigen Ruland-Zyklus. Bis 1948 schrieb Flake, neben den Manns der angesehenste deutsche Epiker der Zeit, 34 Romane: grossangelegte zyklische Lebensbilder von Männern, die wie er selbst zwischen allen Fronten stehen und ständig neue Love-Stories erleben. Am gelungensten ist «Fortunat» von 1946: ein Roman, der 1817-1897 spielt und das Schicksal des weitgereisten Arztes Kestenholz darstellt, der in einer illegitimen Enkelin Jérôme Bonapartes seine grosse Liebe findet. Das Historische ist Methode, entstand das Buch doch im Dritten Reich, das der zweimal mit einer Jüdin verheiratete blonde Hüne, um den Fischer-Verlag zu stützen, erst begrüsste, dann aber ablehnte. Nach 1948 geriet Flake so sehr in Vergessenheit dass er sich in tiefster Armut umbringen wollte. Als er am 10. November 1963 83jährig starb, war er Autor von Bertelsmann geworden, der nicht nur «Die Sanduhr», sondern auch die unbeschönigten Memoiren «Es wird Abend» in grossem Stil vermarktete. Für das Feuilleton aber war Flake längst kein Thema mehr. Der Bildungsroman hatte ausgedient, und das Zeitalter der sexuellen Revolution disqualifizierte Flakes Frauenschwärmerei so eindeutig, dass er sich 1962 selbst eingestand: «Zuviel Frau, immer Eros und Sexus, das ist unerträglich.»