Ein Dichter des «inneren Reichs»: Georg Britting (17. Februar 1891 - 27. März 1964)

Der Kirchturm sehnt sich zum Mond und zu den Sternen hinauf. «Liebend möchte er ihnen gesellt sein, doch es / Hält ihn zäh die klebrige Erde: Wer aus / Sand und Lehm geboren ist , rot und haltbar, / Muss sich begnügen.» Das Gedicht «Dorf unterm Mond» gehört in den Band «Der unverstörte Kalender», mit dem Georg Brittings gegenständlich-unmittelbare, die Dinge magisch beseelende Lyrik kurz vor seinem Tod am 27.April 1964 ihren Höhepunkt erreichte. Lange hatte er produziert und produziert, der 1891 geborene Beamtensohn aus Regensburg, der nach dem 1.Weltkrieg in München einem zaghaften Nachexpressionismus huldigte, seine Gedichte in immer wieder neuen Fassungen den Zeitungen und Illustrierten verkaufte und sich auch als Erzähler versuchte - 1932 mit dem «Lebenslauf eines dicken Mannes, der Hamlet hiess» - und in seinen eigenen Bildern ertrank, 1933 mit dem furchterregenden «Treuen Eheweib», das mit dem Gatten zusammen den Geliebten erschlug. In der NS-Zeit gehörte Britting mit Paul Alverdes, Ernst Penzoldt und Franz Tumler zum Kreis um die Zeitschrift «Das innere Reich» und hielt, wie Curt Hohoff formuliert hat, «den Posten einer nicht angewendeten und nicht anwendbaren Literatur». Was ihn bei den Nazis hatte durchschlüpfen lassen - das demonstrativ Unpolitische seines Schreibens - , war auch in der Adenauer-Ära gefragt, die den handfest-bilderstarken, unintellektuellen Autor mit Preisen überhäufte. Bis sich über Nacht die Literatur der Stunde Null durchsetzte und Britting in wenigen Jahren vergessen war. Und dies, obwohl er gerade in seinen letzten zehn Lebensjahren Gedichte schrieb, die den Expressionismus des Beginns ebenso vergessen machten wie die Naturlyrik der mittleren Jahre und die Totentänze der Kriegszeit und auf vollkommen freie, wie schwerelose Weise die Ohnmacht alles Wollens und die Unwiderruflichkeit des Faktischen zum Ausdruck brachten. «Wer aus / Sand und Lehm gebacken ist, rot und haltbar, / muss sich begnügen!»