Der Clown der modernen Verlorenheit: Samuel Beckett (13. April 1906 - 22. Dezember 1989)

«Einen erschöpften Ästheten, der alle seltsamen giftigen Weine des Lebens geschlürft hat und sie ziemlich langweilig fand», nennt die Zeitschrift des Dubliner Trinity-Colleges Samuel Beckett, als der am 13.April 1906 geborene Assistent 1930 in Paris das Poem «Whoroscope» publiziert. Und bis 1953, als «Warten auf Godot» zur Sensation wird und mit seinen andern, ebenso niederschmetternd-illusionslosen Stücken und Romanen zusammen zur Folge hat, dass die Nobelpreis-Akademie dem Laureaten von 1969 attestiert, mit ihm habe «das Elend des modernen Menschen Erhabenheit erlangt», ist der hagere Ire mit dem traurig-ernsten Blick tatsächlich ein Outlaw wie Wladimir, Estragon, Clov, Hamm, Watt und all die andern. «Er hat Talent, glaube ich», urteilt Joyce, den er zuerst sklavisch imitiert, 1932. Aber Wälzer wie «Ulysses» liegen dem coolen Newcomer nicht. Er verarbeitet den Korb, dem ihm eine Cousine verpasst, zu einem nie vollendeten Roman über «mehr oder weniger schöne Frauen», liegt wochenlang in Peggy Guggenheims Pariser Hotelzimmer, treibt, während 42 Verlage den Roman «Murphy» ablehnen, die Hypochondrie zum Exzess und wäre an «Alkohol, Nikotin und weiblichen Vergiftungen» krepiert, würde Suzanne Deschevaux ihn nach den Messerstichen eines Strichjungen nicht aufpäppeln und zu bürgerlicher Lebensart verführen. Doch die Zeit arbeitet für ihn, und nach dem Krieg, dem er sich bei der Résistance mutig stellt, ist seine nihilistische Trostlosigkeit unversehens nicht mehr krude Hyperbel, sondern reales Abbild einer in Trümmern liegenden Welt. «Es gibt nichts Komischeres als das Unglück», sagt der 1989 verstorbene Clown der modernen Verlorenheit irgendwo, und indem er das spielerisch an vergeblich Wartenden («Godot»), an vom Dasein restlos Enttäuschten («Endspiel») oder an elend in ihre Lebenslüge Verstrickten («Glückliche Tage») vorzeigt, hilft er der aus den Fugen geratenen Welt zu ertragen, was nun mal nicht zu ändern ist.