Albert Bächtold 1891–1981

«Wie ,De Tischtelfink‘ uf d Wält cho ischt», heisst der Artikel, mit dem sich Albert Bächtold im April 1939 in der Mitgliederzeitschrift der «Büchergilde Gutenberg» auf Klettgauer Dialekt vorstellt. Er hat ganz schön was erlebt bis dahin, der am 3. Januar 1891 in Wilchingen geborene Lehrersohn, der als Halbwaise aufwuchs, in Schaffhausen Primarlehrer wurde und in Merishausen unterrichtete, ehe es ihn als Hauslehrer nach Russland verschlug, wo er Dostojewski und Tolstoi im Original las und Zeuge der Revolution wurde. 1919 fand er sich in Amerika wieder, wo er zum Fachmann für tragbare Filmprojektoren avancierte, mit denen er dann in Zürich als Generalagent zu Reichtum und zu einem dubiosen Ruf als Dandy gelangte, eher er in den Krisenjahren alles verlor und erfolglos versuchte, sein abenteuerliches Leben in Romanen mit Titeln wie «Versunkene Welt» oder «Der Ausgestossene» zu Geld zu machen – bis Rudolf Jakob Humm ihm 1937 riet, in seiner Klettgauer Mundart zu schreiben und er mit dem 1939 im Zeichen der geistigen Landesverteidigung durch die linke «Büchergilde» produzierten Roman «De Tischtelfink» seinem toten Vater in jener Sprache eine Hommage darbrachte, von der er in seiner Selbstvorstellung sagte, dass man in ihr «alls brezys eso schöö cha säge we i jeder andere Sprooch, öppedie sogar schöner». 1940 folgte die Darstellung der Kindheit in «Hannili-Peter», 1944 das Erlebnis einer Augenoperation in «Wält uhni Liecht», 1947 in «Studänt Räbme» die Erinnerung an die Schaffhauser Seminarzeit, und als er 1950 mit «Pjotr Iwànowitsch» seine Russlandjahre und 1953 mit «De Silberstaab» sein amerikanisches Abenteuer beschrieb, erwies sich, dass Bächtolds Klettgauer Dialekt geeignet war, genauso glaubwürdig und überzeugend wie Englisch oder Russisch Erfahrungen aus der ganzen Welt zu spiegeln. Über Schaffhausen hinaus am meisten Erfolg aber hatte er 1942 mit dem Roman «De goldig Schmid», der ein ehemaliges Verdingkind als steinreichen Ölmagnaten ins Klettgau zurückehren lässt, wo er, statt sich zu rächen, zum Wohltäter wird, bis er wieder alles verliert und ins Armenhaus kommt. «Schomächerli, Schomächerli, wa choschted miini Schue? Zwaa Bätzili, zwaa Bätzili, und d Negili derzue», singen die Kinder, als der «Amerikaner» kommt. Und «mäi das ischt e Gfüel» meint dieser einem Schulkameraden gegenüber, «siine ehmoolige Päinigere gegenüberschtoo und wüsse, das me alli Trümpf in Hände hät!» Auch Bächtolds Rückblick auf sein späteres Leben ist in Klettgauerdeutsch gehalten: Wie er zum Dialektdichter wurde in «De ander Wäg» von 1957, wie er in einem Spital liebevolle Pflege fand im allerletzten Werk, «S’isch groote» von 1972. Und als er am 27. Oktober 1981 neunzigjährig in Grüningen starb, sprachen die Nachrufe vom «Klettgauer Homer» und vom neben Rudolf von Tavel wichtigsten Dialektdichter der Schweiz. Obwohl er immer wieder um Unterstützung nachgesucht hatte, stellte sich bei der Testamentseröffnung heraus, dass Bächtold in Erlenbach Bauland in Millionenhöhe besessen und das Geld dazu bestimmt hatte, «die Neuauflage vergriffener Werke und das Entstehen einschlägiger Sekundärliteratur zu finanzieren». Ein Zweck, für den die vorhandene Summe, ob man die kapitalistische Nachruhm-Versicherung nun für glücklich hält oder nicht, mindestens bis ins Jahr 3000 ausreichen sollte! Jedenfalls sind im Schaffhauser Verlag Meier weiterhin nicht nur sämtliche erwähnten Werke, sondern auch die einfühlsame Bächtold-Biografie aus der Feder Kurt Bächtolds lieferbar.